Wokeness

Ein Schiffbrüchiger, der sich auf eine Holzplanke gerettet hatte, als sein Schiff unterging, war auf einer einsamen Insel gestrandet. Nach vielen Jahren des Schweigens und der Entbehrungen sah er eines Morgens, wie das Meer eine geheimnisvolle Lampe an den Strand spülte. Der Mann rieb daran, und ein Geist erschien. »Du hast zwei Wünsche frei«, sagte der Geist. »Einen, weil du mich aus dem Meer gerettet hast, und einen, weil du mich aus meinem Gefängnis befreit hast.«
Der Mann überlegte, wovon er in all den Jahren auf der Insel geträumt hatte…
»Ich möchte eine Flasche Bier. Unzerbrechlich soll sie sein und niemals leer werden.«
»Nichts leichter als das«, sagte der Geist. »Dein Wunsch sei dir gewährt.«
Zu Füßen des Schiffbrüchigen erschien eine kleine Wolke und darin eine Flasche Bier. Der Mann trank gierig. So lange hatte er von diesem Moment geträumt. Nachdem er den längsten Schluck seines Lebens genommen hatte, betrachtete er die Flasche und stellte fest, dass sie immer noch voll war.
Er begann laut zu lachen und fing an, das Bier zu verschütten. In einem goldgelben Strahl ergoss es sich unaufhörlich in den Sand, doch die Flasche wurde nicht leer. Dann schleuderte er seinen kostbaren Schatz gegen einen Felsen, doch das Glas zerbrach nicht, und die Flasche war immer noch randvoll mit Bier.
Der Mann nahm einen weiteren tiefen Schluck und wischte sich den Mund mit dem Hemdsärmel ab. »Und wie lautet dein zweiter Wunsch?«, fragte der Geist.
»Brauchst du Zeit, um darüber nachzudenken?«
Der Schiffbrüchige war unersättlich, und wer unersättlich ist, ist nicht sonderlich einfallsreich…
»Nein«, sagte der Mann auf der einsamen Insel. »Ich möchte noch so eine Flasche!«

– Jorge Bucay, Komm ich erzähl dir eine Geschichte